am 19.07.2011 15:19 , Klicks: 17020

Business oder Smart Casual?

Es ist noch gar nicht so lange her, da war die Standardbekleidung im Geschäftsleben überall der Anzug. Jedenfalls, wenn man nicht gerade Polizist oder Briefträger war. Die langsame Entschärfung von Dresscodes brachte Veränderungen zunächst für die Mitarbeiter ohne direkten Kundenkontakt, schließlich auch für breitere Schichten. Was ursprünglich als „Casual Friday“ zur kleidungstechnischen Entspannung und Motivation der Mitarbeiter beitragen sollte, hat sich längst zu einem eigenen Dresscode entwickelt.

 

Die allgemeine Unsicherheit, was denn nun zu tragen sei, führte zu einem interessanten Phänomen: statt sich alle in die gleichen Anzüge mit den gleichen Krawatte zu hüllen, trugen Angestellte, die professionell wirken wollten, auf einmal schlichte Stoffhosen – in den Anfangszeiten waren es fast immer Khakis, heute sind schwarze oder dunkelblaue Chinos beliebter – mit einfachen Businesshemden, vorzugsweise weiß oder hellblau, mit oder ohne Krawatte. Und sahen damit nun wiederum alle gleich aus. Die Wirkung dieser Uniformierung ist, als würden tausende von Arbeitsdrohnen jeweils zu Beginn des Arbeitstages ins Büro strömen und es Punkt Feierabend wieder verlassen. Solide, langweilig, austauschbar. Business Casual der schlimmsten Sorte.

 

Doch was macht nun ein langweiliges Büro-Outfit zum Hingucker, ohne all zu sehr aufzufallen oder gar ungeschriebene Gesetze der Kleidungskultur zu verletzen? Ganz einfach. Es ist smart.

Das klingt leider einfacher, als es ist. Aber eigentlich geht es nur darum, den Bürolook zu nehmen und ihm ein wenig mehr Schwung hinzuzufügen. Und das muss gar nicht immer eine so große Anstrengung sein.

 

Welche Hemdfarbe tragen Sie im Büro? Weiß? Gut. Klassisch. Hellblau? Auch inzwischen voll akzeptiert. Flieder? Hellgrün? Da muss man schon einen Augenblick überlegen. Ja, gerne. Alle hellen Farben (Pastelltöne sind besonders geeignet) sind kein Problem. Vorausgesetzt, sie stehen Ihnen. Selbst leichte Muster sind möglich. Egal ob mit Krawatte oder ohne, schon die Farbe lässt Sie ein wenig aus der Masse hervorstechen. Aber ohne den Dresscode zu missachten. Sollten Sie allerdings einen sehr hellen Hautton haben, Finger weg von rosafarbenen Hemden. Die sehen zwar mit sonnengebräunter Haut sehr elegant aus, lassen aber ein blasses Gesicht noch blasser erscheinen.

Wenn Sie den Mut dazu haben, dürfen Sie gerne zu Hemden mit Doppelmanschette greifen. Aber Vorsicht: die sind dann schon ein relativ starkes Modestatement.

 

Dazu werfen Sie sich ein Jackett um die Schultern. Nein, nicht die graue Anzugjacke. Die tragen die anderen doch auch. Sondern etwas ein wenig lässigeres. Ein Sportsakko mit einem leichten Muster, vielleicht. Im Winter gerne auch Tweed. Oder sogar Cord, wenn es auf Ihrer Arbeitsstelle eher locker zugeht. Natürlich darf das gute Stück dann auch schon mal lässig über der Stuhl-Lehne hängen. Ein Einstecktuch wertet es zusätzlich auf. Aber nur, wenn es sich um ein eher informelles Jackett handelt, sonst wird es schnell zu viel des Guten.

 

Auch die Krawatte verbietet Ihnen niemand. Wenn Sie sie locker tragen können, dann tun Sie es. Geometrische Muster sind hervorragend geeignet, aber auch Business-Streifen passen eigentlich immer. Eine Krawatte unter einem V-Neck-Pullover ist hier noch ein ungewohnter Anblick, sieht aber ungeheuer smart aus und hat sich in manchen Teilen Europas inzwischen als weniger förmliche Alternative zum Anzug eingebürgert. Krawatten binden zu können, lohnt sich also nach wie vor.

 

Wichtig ist natürlich eines: gerade wenn der Dresscode in Ihrem Unternehmen nicht sehr streng ist, sollten Sie aufpassen, es nicht zu übertreiben. Wenn Sie in einer lockeren Business-Casual-Umgebung jetzt auf einmal jeden Tag im dunkelgrauen dreiteiligen Anzug ins Büro kommen, die Ärmel mit edlen Manschettenknöpfen geschmückt, die klassisch gestreifte Krawatte perfekt drapiert, dann wirkt das im günstigsten Fall ein wenig angeberisch. Im ungünstigsten Fall denkt Ihr Chef, Sie seien scharf auf seinen Posten.


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