Die Herkunft von Kleidungsregeln
Stil ist ein Dschungel, ein Ozean, den es zu navigieren gilt. Zum Glück gibt es eine Vielzahl von Regeln, um einem zumindest im klassischen Bereich die schlimmsten Ausrutscher zu ersparen. Vieles ist sofort einsichtig. Manches erscheint auf den ersten Blick etwas übertrieben. Und einige dieser regeln können heute getrost als überholt gelten. Da ist es sinnvoll, sich einmal vor Augen zu halten, wo manche Kleidungsregel herkommt. Denn nur dann kann man abschätzen, ob sie noch sinnvoll ist, oder lediglich ein überflüssiges Gesetz einer lange vergangenen Epoche.
Da hört man zum Beispiel immer wieder die goldene Regel „No brown in town“. Eine auf den ersten Blick völlig willkürliche Regel. Der Ursprung lag schlicht und einfach in den Lebensumständen jener Gentlemen, die die klassische englische Herrenmode prägten.
Da ging der Mann von Welt in seiner Freizeit aufs Land und widmete sich dem Reitsport oder der Jagd. Nicht umsonst hat uns die gleiche englische Herrenmode solche großartigen Dinge wie das warme Tweedsakko geschenkt. Nur dass das bei der typisch englischen Witterung im Normalfall ein sehr feuchtes und schlammiges Vergnügen war. Wer also zuerst auf die Idee kam, der Mann möge doch bitte, wenn er sich in Büro und Stadtzentrum begibt, die verschmierten braunen Stiefel ablegen, erwies damit Generationen von Putzfrauen einen unschätzbaren Dienst. Rein praktisch wurde daraus die Einteilung: schwarze Schuhe in der Stadt, braune auf dem Land.
Das führt natürlich spätestens beim sehr dunklen dunkelblauen Anzug zu Problemen. Denn ein fast schwarzes Navy beißt sich massiv mit dem Schwarz polierten Leders. Da ist oft ein dezentes Rotbraun die bessere Wahl. Achten Sie nur darauf, die Farbe Ihres Gürtels mit der Farbe Ihrer Schuhe abzustimmen. Und wenn Sie es ganz genau nehmen, auch noch mit der Farbe Ihres Uhrenarmbands und Ihrer Aktentasche. Dabei ist braun sehr viel flexibler als schwarz. Die Farbtöne müssen nicht einmal exakt passen. Sie müssen nur harmonieren. Selbst weinrot ist kein Problem: es gehört zur Farbfamilie der Brauntöne.
Und nur als Tipp: Wenn Sie Manschettenknöpfe, Krawattenspangen oder Ihre Armbanduhr wählen, passt zu den Brauntönen meist eher Gold als Silber. Und hier liegt auch schon die Begründung für das manchmal vertretene Verbot, Gold nach Einbruch der Dunkelheit zu tragen. Auch hier gilt: so streng muss man das auch wieder nicht nehmen. Goldene Manschettenknöpfe sehen zum schwarzen Anzug mit passendem Einstecktuch sehr smart aus. Und viel mehr Gold oder Silber trägt der Gentleman ja ohnehin nicht.
Manche dieser Regeln dienten auch einst dem Zweck, die Kleidung einheitlicher erscheinen zu lassen. Heutzutage sagen die Satinstreifen an der Hose von Frack oder Smoking: Ich bin eine Abendhose und gehöre nicht zu einem schnöden Anzug. Früher hatten sie eine Funktion: die Hosennaht zu verdecken, damit nichts den glatten Eindruck der Hose stört. Heutige Maschinennähte sind auch so kaum zu sehen, so dass man auf diese Feinheit eigentlich verzichten könnte.
Die Regel, die wohl am ehesten als überholt gelten kann, auch wenn ihre Anhänger sie mit Händen und Füßen verteidigen, ist: Mischen Sie nie Freizeit- und formelle Garderobe. Warum denn nicht? Nun gut, wenn Sie zu einem wichtigen Kongress fahren oder in einer Opernpremiere sitzen, stellt sich die Frage nicht. Aber ein leichtes Sakko über dem Shirt? Warum nicht. Auch ein Hemdkragen muss nicht immer ein karierter Button-Down-Kragen sein, nur weil Sie ein offenes Hemd tragen und Krawatten binden Ihnen zu viel Arbeit ist. Versuchen Sie nur, nie so gekleidet zu sein, dass Sie mit diesem Outfit ausschließlich beim Hobby herumlaufen könnten. Stellen Sie sich die Frage: könnte ich in einem Unternehmen ohne Anzugzwang so zur Arbeit gehen? Falls ja, sind Sie stilistisch meist auf der sicheren Seite.
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