am 03.05.2011 17:24 , Klicks: 14682

Der Krawattenschal

Die Sonne brennt. Am Strand der Riviera bummelt ein lebenslustiger Playboy entlang. Die Goldknöpfe seines dunkelblauen Marineblazers spiegeln sich im Champagner-Glas, an jedem Arm führt er eine rassige Strandschönheit mit wallendem, blonden Haar, und den Kragen seines rosafarbenen weit geöffneten Hemds ziert – na, was wohl? - ein Krawattenschal.

Unzählige Kinofilme und Fernsehserien haben dieses Klischee tief in unser Bewusstsein eingepflanzt und damit leider einem der vielseitigsten Accessoires der Herrenmode bitter unrecht getan.

 

Dabei ist jenes schlichte Tuch eigentlich die Urform allen männlichen Halsschmucks. Und extreme Förmlichkeit und Lässigkeit liegen nirgendwo so nahe beieinander. Das klassische Ascot etwa gilt als das eleganteste, was man(n) sich um den Hals binden kann. Seiner Form nach ist es eine Art an den Enden breiterer Krawattenschal, der mit einem einfachen Knoten um den Hals geschwungen und mittels einer kleinen Krawattennadel so fixiert wird, dass seine Enden auf der Brust ein Plastron formen. Neben dem Einsatz in britischen Reituniformen trägt man dieses Kunstwerk vor allem zum Cutaway. Auf Hochzeiten ist es dem Bräutigam vorbehalten.

Wenn man diese extreme Eleganz erlebt hat, ist es schwer zu glauben, dass das gleiche Accessoire statt dessen auch eine mühelose Lässigkeit transportieren kann, wenn man es statt mit der Krawattennadel einfach nur lose mit einer Schlaufe um den Hals schlingt. Dann wird es allerdings nicht mehr als formeller Binder unter dem Hemdkragen getragen, sondern gleich darunter, direkt am Hals. Und schon wären wir wieder beim Krawattenschal.

 

Auch in klassischer Schalform gibt es das beliebte Tuch. Gebunden kann es mit einem vereinfachten Four-in-Hand werden, oder man schlingt es einfach um den Hals wie einen Schal. Häufige Dekore sind etwa Paisleymuster. Die große Zeit des Halstuches oder Krawattenschals begann, als in den goldenen 20'er Jahren der offene Hemdkragen zur Freizeitgarderobe die Bildfläche betrat. Ein gut ausgewählter Krawattenschal zum Marineblazer weckt in der Tat Assoziationen von Luxus: Ich gehe gleich zurück auf meine Yacht. Mein Butler wartet. Aber zu einem Sportsakko beispielsweise ergibt sich statt dessen genau jene Zwischenstufe zwischen locker und förmlich, die für jene ideal ist, die auch in der Freizeit eine gewisse Form wahren möchten.

 

Während der Krawattenschal lange als ungewöhnlich galt und etwas exzentrischen Gentlemen vorbehalten blieb, haben heutige Modemacher seinen Wert wieder erkannt. So wird etwa ein Krawattenschal lose geknotet über dem Hemd getragen und bedenkenlos mit Edeljeans und ungefütterten Freizeitsakkos kombiniert. Auch zu einem Poloshirt, ja selbst zu einem V-Kragen-Pullover, macht ein Krawattenschal keine üble Figur.

Gerade hier sehen übrigens manche Modespezialisten die große Renaissance des Krawattenschals. Der Siegeszug des Business Casual hat das alltägliche Krawatten binden in vielen Büros wenn nicht verdrängt, so doch weniger werden lassen. Gleichzeitig sieht ein offener Hemdkragen aber schnell ein wenig unvollständig aus – und in jedem Fall ungeschmückt. Ein Krawattenschal könnte diese Lücke schließen – und somit nach der Professionalität auch die Eleganz wieder in den Büros Fuß fassen lassen.






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